Wie überlebt der Einzelhandel die Corona-Krise? – Bericht vom 2. ZUK Online Treffen

Thomas Zimmermann

Die Corona-Krise betrifft jede Branche auf andere Weise. Am 20. Mai trafen sich sechs leidenschaftliche Betreiber*innen des Freiburger Einzelhandels mit uns vom ZUK Team um sich zur Situation auszutauschen. Dabei wurden nicht nur konkrete Tipps gesammelt für die kaufmännische Betriebsführung, sondern auch persönliche Einblicke geteilt und Fragen der Nachhaltigkeit und Regionalität diskutiert.

Zum Termin erschienen die unterschiedlichsten Akteur*innen aus der Freiburger Einzelhandels-Szene: Maria von der Kleiderei (Mode), Tobias von Waschbär (Naturmode & Bioprodukte), Nora von Knuddelkinder (Bio-Kindermode), Sebastian von GEA (Schuhe & Möbel), Wolfgang von Blendwerk (Fotografie) und Stefanie und Sabine vom Weltladen Herdern (Produkte aus fairem Handel).

Die Betriebe haben 1-28 Mitarbeiter*innen vorort und bestehen seit 1-33 Jahren. Manche haben kein Online-Geschäft, die meisten in geringen Maßen, ein Betreiber hat einen großen Versandhandel.

Einstiegsfrage an die Betreiber*innen:

Was begeistert dich besonders an der Arbeit im Einzelhandel?

  • Glückliche Kunden, Kundenfokus
  • Nachhaltige Produkte

Was hat sich mit der Corona-Krise für den Einzelhandel geändert?

Einige Betriebe haben auf Kurzarbeit umgestellt und auch die Öffnungszeiten gekürzt oder den Betrieb ganz pausiert. Erstaunlicherweise berichten die meisten Betreiber*innen, dass die Umsätze trotz Corona relativ stabil geblieben seien.

Jedoch musste eine Betreiberin den Laden zeitweise schließen und das senkte auch die Umsätze. Besonders bei Bekleidung für Erwachsene sind Umsatzeinbußen deutlich, vermutlich weil die Kund*innen sich teilweise scheuen, Teile anzuprobieren, und weil sie sich kürzer als üblich im Laden aufhalten.

Welche konkreten praktischen Tipps wurden in der Gruppe diskutiert?

  • Versandhandel und Online-Vertrieb nutzen: Während der Corona-Krise blieb das Online- und Versandgeschäft stabil. Das kann in Zukunft also eine wichtige Stütze sein.
  • Lieferdienst lohnt sich nur bei bestimmten Produkten: Manche Läden boten temporär kostenlose Fahrrad-Kurierdienste an. Bei Kleidung wurde das wenig genutzt, im Buchhandel jedoch sehr viel (Bericht Jos Fritz Buchhandlung).
  • Kiezkultur schafft Stammkundschaft: Gerade die kleinen Läden in nicht-zentralen Staddteilen hatten stabile Kundschaft. Die Altstadt-Läden war durch die Abhängigkeit zur Laufkundschaft stärker betroffen von Corona-Einbußen. Daher lohnt es sich die Kund*innen vorort anzusprechen und zu binden.
  • Leihen statt Kaufen als neues, stabiles Geschäftsmodell: Jüngere Generationen legen weniger Wert auf Besitz und unterstützen die Sharing Economy. Sogar Kleidung lässt sich im Abo nutzen, wie bei der Kleiderei von Maria. Die 120 Abonent*innen sicherten ihr 50% Umsatz in der schweren Corona-Zeit.
  • Mit Transparenz überzeugen, eigene Besonderheiten und Qualitäts-Standards hervorheben: Jeder Einzelhandel hat sein eigenes Profil, bietet eine besondere Auswahl, legt auf bestimmte Standards wert. Das sollte stärker kommuniziert werden. Ein Beispiel: Der Weltladen läd Vertreter*innen der FairHandels-Importeuren (FairFood, Regenwaldladen) ein und bringt sie direkt in Dialog mit Kund*innen. Generell sind Kund*innen zunehmend neugierig woher die Ware kommt und wie sie hergestellt wird. Gerade regionale Einzelhändler*innen haben hier häufig eine „weißere Weste“ und dürfen dies auch zeigen.
  • Den Faktor Regionalität hervorheben: Wer in lokalen Läden einkauft, unterstützt die lokale Wirtschaft. Das ist branchenintern bekannt, aber längst nicht bei allen Kund*innen. Hier darf auch öffentlich Kritik am Trend zum Online-Shopping bei Amazon & Co. betrieben werden.
  • Alle Mitarbeiter*innen über die eigenen Standards aufklären: Damit die Kund*innen jederzeit Rückfragen stellen können, lohnt es sich alle Mitarbeiter*innen zu Expert*innen zu machen. Tobias berichtet, dass bei Waschbär ein eigenes Nachhaltigkeitsteam regelmäßig interne Schulungen für die Mitarbeiter*innen anbietet.
  • An Stadtführungen und Schülerprojekten zu kritischem Konsum teilnehmen: Gerade in Freiburg gibt es viele zivile und schulische Initiativen für Aufklärung über Konsum. Ein Beispiel: https://www.kaufrausch-freiburg.de.

Die Gruppe hat das Online Treffen vor allem zum persönlichen Austausch genutzt, um mehr über die Geschäftsrealität der Anderen zu erfahren. In der Themensammlung sind aber auch konkrete Fragen entstanden, z.B. wie mehr junge Ehrenamtliche gewonnen werden können (Weltladen), oder wie ein freiburgweiter geteilter Webshop aussehen könnte (Gabi Obi – freiburg.biz). Auch der Umsatzeinbruch bei Kleidung wurde näher beleuchtet, dazu konkrete Tipps siehe oben. Eine Frage stand jedoch besonders im Fokus der Diskussion: „Wie kann man den Kund*innen vermitteln, dass es auf die Regionalität ankommt?“ (Sebastian, GEA). Dazu wurden auch Tipps gesammelt und ein themenspezifischer Folgetermin vereinbart.

Was sind unsere nächsten Schritte?

  • Nicht aufgeben!
  • Mehr Akteur*innen einladen, weiterempfehlen.
  • Expert*innen einladen, z.B. die FairHandels Beraterin Birgit Lieber
  • Folgetermin: Am Mittwoch, 17. Juni, 18-20 Uhr findet das nächste Online Treffen statt (inkl. Pause zum Essen) – wie immer offen und kostenlos für alle Einzelhändler*innen. Es gibt anfangs Zeit für den persönlichen Austausch und dann eine Diskussion speziell zum Thema „Regionalität und Nachhaltigkeit im Einzelhandel„. Anmeldung bitte an Thomas per Mail.

Vielen Dank an alle Teilnehmer*innen und gutes Gelingen!
Thomas vom ZUK Team

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